Städtisches

Zurück in die (Frohe) Zukunft

Wenn Flutlicht den Abend erhellt, dicke Fische am Haken hängen, Rentiere sich auf Weihnachten vorbereiten, Schrebergärtner*innen in ihre unzähligen Parzellen pilgern, Studierende im Stechschritt zur Straßenbahn stürmen, der größte Friedhof Halles die Besucher*innen mit seinen monumentale Gebäudegruppe in seinen Bann zieht, Kletternde ehemaliges Vulkangestein bezwingen, dann ist man angekommen im halleschen Viertel mit dem verheißungsvollsten Quartiersnamen: der „Frohen Zukunft“.

Der Weg in die „Frohe Zukunft“ führt gleichzeitig aus Halle heraus. Das Viertel breitet sich links und rechts neben der Dessauer Straße aus. In der ersten Reihe entlang der Hauptstraße stehen einige niedrige Plattenbauten. Doch der Blick dahinter lohnt sich. Seit einigen Jahren zieht immer mehr Leben ein in das ehemalige Arbeiterviertel mit seiner jungen, aber bewegten Geschichte. Das weiß auch Karlheinz Heller, Hausmeister der GWG Halle-Neustadt. Er hat in den rund sieben Jahren, in denen er sich um die Dessauer Straße 174-182 kümmert, viele Mieterinnen und Mieter kennengelernt. „Die Mieterschaft in unseren 53 Wohnungen ist wie eine große Familie – vor allem weil viele lange bleiben. Sie haben hier alles, was sie brauchen. Direkt vor dem Haus hält die Straßenbahn, mit der man in zehn Minuten auf dem Marktplatz ist und hinter unseren Häusern beginnt die Idylle.“

Kohlegrube als Namensgeber

Der Name „Frohe Zukunft" stammt von einer alten Kohlegrube. Erste Schächte soll es bereits 1845 im Bereich des heutigen Dessauer Platzes gegeben haben. Die von Anglern geschätzten Posthornteiche entstanden infolge des Zusammenbruchs unterirdischer Stollen. Als eine der ersten stadtplanerischen Aktivitäten in der „Frohen Zukunft“ entstand bis 1914 der Gertrauden-Friedhof, nach den Plänen des Stadtbaudirektors Wilhelm Jost, der hier auch begraben liegt – ebenso wie das Stadtoriginal Zither-Reinhold und seit 2022 auch die Fußballlegende Bernd Bransch. Etwa um 1920 entstanden mehrere große Gartenanlagen, die bis heute das Bild des Viertels prägen.

Traurige Geschichte

Die „Frohe Zukunft“ als Wohngebiet entstand, weil die Arbeiter der 1934 neu gegründeten Siebel-Flugzeugwerke und deren Familien Wohnraum benötigten. Die ehemaligen Siebelwerke sind aber auch mit einem traurigen Teil der Vergangenheit verbunden. Am heutigen Goldberg gab es eine Außenstelle des KZ Buchenwalds. Hier mussten mehr als 1.000 Häftlinge Zwangsarbeit im Rüstungsbetrieb leisten. Die Werke wurden damit zu einem Ziel für mehrere Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg. 1946 endete die Geschichte der Siebelwerke in der „Frohen Zukunft“: Im Zuge der Reparation wurde das komplette Flugzeugwerk demontiert und samt Belegschaft und deren Familien nördlich von Moskau gebracht. Neben dem Verwaltungsgebäude, dem heutigen Landesverwaltungsamt, hat das ehemalige Kontrollgebäude am Werkseingang, der Endhaltestelle der Straßenbahn die Zeiten überdauert.

Mehrgenerationenviertel zum Wohlfühlen

Nach und nach zogen in die Einfamilienhäuser der Arbeiter und Angestellten neue Nachbarn ein, das Viertel veränderte sich, bis heute. Junge Familie haben die „Frohe Zukunft“ für sich entdeckt. Dennoch leben noch immer viele Senior*innen hier und auch Studierende schätzen den Stadtteil und beleben die Wohnheime entlang des Landrains. Egal ob Jung oder Alt: alle schätzen sie die Bodenständigkeit des Viertels, die funktionierenden Nachbarschaften, die gute Infrastruktur, die grünen Oasen und die verschiedenen Treffpunkte, zum Beispiel den Spielplatz am Mühlrain, den Galgenberg oder Goldberg mit seinen Tiergehegen in denen unter anderem Rentiere zuhause sind, die Sportanlagen des USV und des HTB oder den beliebten kleinen Lebensmittelladen im Kornblumenweg. Hier gibt es sogar sonntags Brötchen und im Sommer leckeres Eis. Eine wichtige Adresse auch für die GWG-Mieter*innen aus der Dessauer Straße. Direkt durch ihre Hinterausgänge über den gepflegten Innenhof mit Sitzgelegenheiten, liebevoll angelegte Beeten, ausreichend Schattenplätzen und einem kleinen Spielplatz gelangen sie an den eigenen Stellplätzen vorbei nach nur rund 150 Metern zu dem „Tante-Emma-Lädchen“.

Wer sich von hinten den GWG-Wohnungen nähert, blickt sofort auf die großzügigen Balkone. Nahezu alle Wohnungen verfügen über diesen privaten Freisitz. Die 2-3-Raumwohnungen sind vor allem für alleinstehende junge Menschen und für Senior*innen ein Wohlfühl-Zuhause. Auf 53 bis 80 praktisch geschnittenen Quadratmetern haben sie es sich wohnlich gemacht – teilwiese sogar über zwei Etagen. Außerhalb der eigenen vier Wände ist Karlheinz Heller für das Zuhause-Gefühl zuständig. An drei Werktagen ist der Hausmeister vor Ort und die gute Seele des 1940 erbauten Gebäudes: Er sorgt nicht nur für Ordnung und Sauberkeit, sondern ist erster Ansprechpartner in allen Belangen. Die Bewohner*innen wissen genau, wann er mit seinem Hausmeistermobil vorfährt. Er ist geschätzter Gesprächspartner, handwerklicher Ersthelfer und Problemschlichter. Karlheinz Heller weiß: „Leerstand haben wir hier fast nie. Und wenn doch einmal eine Wohnung frei wird, so ist diese sofort wieder vermietet. Denn alle wohnen wirklich gern hier.“

Die „Frohe Zukunft“ ist also weniger hipp oder bunt, dafür aber besonders liebenswert. Und wer einmal angekommen ist, der bleibt mit einer frohen Zukunft.

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