Städtisches

Runde Sache mit neuer Optik – Zu Besuch im Planetarium

Zehn Jahre nachdem das Planetarium auf der Peißnitz im Hochwasser versank, öffnet Ende März 2023 der langersehnte Ersatzneubau am Holzplatz sein Sternentor. In der baulichen Hülle des Gasometers von 1891 ermöglicht moderne Technik von heute dann endlich wieder Reisen ins Morgen – und in andere spannende Dimensionen des Universums.

Die Star-Couch stellt selbst das gleichnamige Prunkstück aus der „Wetten dass“-Show in den Schatten. Das raumgreifende Sitzmöbel des neuen Planetariums am Holzplatz schmiegt sich halbrund an die Wand des Kuppelsaals und lädt wie die bequemen Sessel vor ihr ein, es sich gemütlich zu machen. Gemütlich für eine Reise ins Ungemütliche: dorthin, wo es Millionen Grad heiß oder minus 272 Grad kalt, wo die Gravitation erdrückend groß oder haltlos klein werden kann. „Die Besucher sind unsere Stars“, bringt Dirk Schlesier die Philosophie seines Hauses auf den Punkt. Auf Kindergarten- und Schulkinder freuen sich der Direktor und seine Mitstreiter ebenso wie auf angehende Astronomielehrer der Martin-Luther-Universität, auf Hobbyastronomen, Raumfahrtfans, Familien, Firmen und Touristen.

Zeitsprung ins 21. Jahrhundert

Mit der unterhaltsamen Vermittlung von Wissen möchte der gebürtige Merseburger dort anknüpfen, wo das Team des Planetariums auf der Peißnitz nach der Jahrhundertflut von 2013 abrupt aufhören musste. „Die seither vergangenen zehn Jahre mögen vielen lang erschienen sein“, räumt der 42-Jährige ein, relativiert aber: Die Stadt habe die Zeit und die von Land und Bund bereitgestellten Fluthilfemittel genutzt, „um in technischer Hinsicht einen Zeitsprung von fast einem halben Jahrhundert zu vollziehen“.

Mit insgesamt 21 Millionen Euro hauchte Halle nicht nur dem 1972 außer Dienst gestellten Gasspeicher neues Leben ein. Auch der 2013 im Hochwasser versunkene Sternenprojektor (das eigentliche Planetarium) aus dem Jahr 1978 wurde durch das moderne Modell „Skymaster ZKP-
4“ aus dem Hause Carl Zeiss ersetzt. Unter der neuen Kuppel sind sechs hochauflösende Videoprojektoren positioniert, die zusammen ein gewölbefüllendes Bewegtbild erzeugen und sich mit dem Sternenprojektor synchron steuern lassen.

Türöffner für die Wissenschaft

Von dieser multimedialen Basis aus können ab Ende März bis zu 110 Gäste „nicht nur zu virtuellen Flügen ins Weltall starten“, wie Schlesier verrät, „sondern genauso gut zu virtuellen Tauchgängen ins Meer oder zu einer Reise durch die Blutbahn des Menschen“. Kurz: Halles neues Planetarium kann die Welt universell erlebbar machen.

Und das passt exzellent zum Bildungsansatz der sechsköpfigen Crew und ihrer zahlreichen Mitstreiter. „Wir möchten mit der Astronomie Türen aufstoßen zu Wissenschaften und Künsten, Philosophien und Religionen, Sprachen und Kulturen.“, erzählt Schlesier. Zugänge, die so alt seien wie die Menschheit selbst. Halle scheint für solche fachübergreifenden Entdeckungstouren geradezu prädestiniert. Denn die Wege vom Holzplatz zur Martin-Luther-Universität und zur Leopoldina, zum bald wiedereröffnenden Salinemuseum und dem Landesmuseum für Vorgeschichte sind kurz. „Wir können mit unseren Gästen in die Zeit der Entstehung der Himmelsscheibe eintauchen“, sagt Schlesier. Dabei könne jeder mit eigenen Augen den Himmel erleben, den die Schöpfer der Scheibe vor fast viertausend Jahren sahen.“ Für den Zeiss-„Skymaster“ eine Kleinigkeit. Der Projektor kann den Stand der Himmelskörper von jedem beliebigen Ort der Erde und zu jeder Tageszeit auf Knopfdruck bis 10.000 Jahre zurück oder im Voraus zeigen.

Im Inneren des Planetariums auch ein Café, eine Fachbibliothek mit Lesesaal, zwei Veranstaltungsräume sowie eine Beobachtungsterrasse und das Observatorium auf dem Dach geben. „Was das Fernrohr dort einfängt, können wir live an die Kuppel im großen Saal projizieren“, schwärmt Schlesier. Doch sein Blick geht nicht nur voraus, sondern auch mit Hochachtung zurück: „Ohne die vielen astronomisch Engagierten, die das Planetarium auf der Peißnitz einst möglich gemacht und es unermüdlich bis 2013 mit Leben erfüllt haben, gäbe es das hier alles nicht.“

Fotos: Falk Wenzel

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