Buntes

50 Jahre Medaillenjagd von Turm und Startblock

Die ersten Rekorde jedoch gingen auf das Konto der Bauarbeiter.

Die Schwimmhalle prägte die Identität Halle-Neustadts wesentlich mit. Wasserspringer, Schwimmer und Wasserballer sorgten schon bald nach der Eröffnung 1969 mit dafür, dass im In- und Ausland voll Hochachtung von der Chemiearbeiterstadt gesprochen wurde.

Mit einem Schauspringen übernahmen die Sportler am 18. Oktober 1969 offiziell ihr neues Domizil. „Den Weihesprung ließ sich Rolf Sperling, mit 13 DDR-Meistertiteln der Dominator des Jahrzehnts, nicht nehmen“, erinnert sich Mitorganisator Heiner Rothe. Und auch ein 17-Jähriger zeigte am Eröffnungstag sein Können, der Rothes erfolgreichster Schützling werden sollte: Falk Hoffmann. Wie Sperling hatte der Blondschopf das ABC der Salti und Schrauben im halleschen Stadtbad erlernt und als Jugend-Europameister schon internationale Erfolge vorzuweisen. Talenten wie ihm sollte die neue Trainingsstätte, die sogar mit einem hydraulisch höhenverstellbaren Sprungturm ausgestattet war, nun den Griff nach olympischen Medaillen ermöglichen.

Dabei war von einer Sprunghalle in den Konzepten zunächst keine Rede gewesen. 1965 sahen Pläne lediglich einen Sprungturm als Teil des Freibades vor, das direkt neben dem ursprünglich angedachten Schwimmhallen-Standort an der Nietlebener Straße entstehen sollte, „etwa dort, wo heute die Erdgas-Sportarena steht“, wie Günter Brode erklärt, der zum erweiterten Planungsteam gehörte. „Vor allem der besseren Verkehrsanbindung wegen entschloss man sich schließlich, an der Magistrale zu bauen“, so der spätere Mitgründer des Wasserball-Serienmeisters Empor HO Halle-Neustadt. Aus Kostengründen sollte die Schwimmhalle zudem als Wiederverwendungsprojekt – sprich Nachbau – der Berliner Dynamo- oder der Magdeburger Elbe-Schwimmhalle realisiert werden – und „bis auf weiteres“ (woraus ewig wurde) ohne Freibad.

Die als Blaupause empfohlenen Hallen besaßen kombinierte Schwimm- und Sprungbecken. Ein Neustädter Planer, der 1965 die Nutzer in beiden Städten nach ihren Erfahrungen befragte, stützte jedoch die eindringlichen Plädoyers hallescher Trainer für eine bauliche Trennung: Die verschiedenen Sportarten stünden sich sonst gegenseitig im Weg.

So reifte in den Folgejahren die individuelle Planung für einen Komplex aus separater Schwimm- und Sprunghalle. Was mit 8,9 Millionen DDR-Mark nicht nur mehr Geld, sondern auch Zeit kostete. Um den Aktiven für Olympia in München 1972 noch eine optimale Vorbereitung zu ermöglichen, mussten deshalb Bauleute Rekorde vollbringen. Zum Beispiel mit dem Schwimmhallendach aus 24 Meter langen HP-Schalen. Bis dahin markierten 18 Meter den Bestwert für die vom Hallenser Herbert Müller erfundenen, doppelt gewölbten Betonelemente. Und auch die Gesamtbauzeit sorgte für Aufsehen: Mit 19 Monaten drückten die Halle-Neustädter den „DDR-Rekord“ im Schwimmhallenbau um fast ein halbes Jahr!

Entscheidenden Anteil daran hatte Oberbauleiter Heiner Hinrichs, der als früherer Bezirksmeister im Schwimmen zwei Monate nach der Übergabe übrigens auch zu den Gründungsmitgliedern der Schwimmsportvereinigung (SSV) 70 Halle-Neustadt gehörte. Mit seinem eingeschworenen Bautrupp, der Erfahrungen aus anderen Sonderbauvorhaben wie etwa dem Interhotel oder den „Delta-Kindergärten“ mitbrachte, sorgte er für das nötige Tempo auf der Baustelle.

„Und er machte manches möglich, was gar nicht im Projekt stand“, bescheinigt Heiner Rothe. So habe der Bauleiter den Wasserspringern zwei zusätzliche wettkampftaugliche Dreimeter-Sprunganlagen beschert. „Sie werden bis heute benutzt“, freut sich Rothe, der auch mit 83 Jahren noch ehrenamtlich junge Sportler betreut und beim alljährlichen Wettkampf um den internationalen HallorenPokal mitfiebert, den er 1972 mit aus der Taufe gehoben hatte.

Der Traum von olympischen Medaillen wurde für mehrere Halle-Neustädter Sportler wahr. Wenn auch noch nicht in München, wie geplant, sondern acht Jahre später in Moskau, 2000 in Sydney und 2004 in Athen. „Und hier arbeiten alle weiter an diesem Traum“, beobachtet Heiner Rothe, „und leisten dabei unschätzbar wertvolle soziale Arbeit“.

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